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These 2: Fenster sind willkürliche Grenzen

Alle Dinge auf dieser Welt haben natürliche Grenzen, die vertraut sind und mit denen der Mensch gut umgehen kann. Ein Blatt Papier begrenzt einen Text ausgezeichnet, ebenso auch ein Bild, eine Tabelle oder eine technische Zeichnung. Auch ein Video wird bereits durch dessen Fläche festgesetzt, obwohl es naturgemäß auf einem Papierblatt nicht wiedergegeben werden kann. Andere Dinge brauchen manchmal visuelle Repräsentationen, da die selbst nicht optischer Natur sind, wie z.B. Musikstücke. Die Darstellungen dieser Dinge dann noch einmal in Fenster einzusperren, ist ein entbehrlicher und manchmal auch verwirrender Akt.

Die Erfindung der grafischen Benutzeroberfläche 1973 durch die Firma Xerox war ein Meilenstein in der Geschichte des Computers und hat eine wunderbare Alternative zu den rein textorientierten Systemen geschaffen. Seitdem hat sich das Grundprinzip der Benutzung aber recht wenig geändert. Alle Inhalte werden immer noch in Fenster eingesperrt, die einmal groß, einmal klein, einmal einander überdecken, im Hintergrund verschwinden, oder nicht zugänglich sind, bis ein anderes Fenster geschlossen wurde.

Die Kontrolle über all die Dinge zu haben, die auf einem Schreibtisch liegen – auf einem echten Schreibtisch – ist oft genug schon schwer genug. Wenn all diese Dinge noch zusätzlich in einem Rahmen eingefasst sein müssten, damit sie auf dem Schreibtisch liegen könnten, würde sich vermutlich die Frage stellen, warum das unbedingt notwendig sein muss. Es kommt dann zu jedem Ding noch ein weiteres Ding rundherum hinzu, erhöht nur die Komplexität und verringert die Übersichtlichkeit.

Das Kombinieren und Anordnen der Dinge werden durch diese künstliche Grenzen willkürlich beschränkt. Es gibt keinen Grund, warum ein Bild, oder auch die wie immer geartete visuelle Darstellung einer Tonaufnahme, nicht auf dem Formular einer Buchhaltung liegen können sollte. Es wäre mögliche Hilfestellung. Am echten Schreibtisch kann ein Bild oder ein Diktiergerät auf die Buchhaltung gelegt werden. Es wird Zeit nach rund 50 Jahren die Darstellungsmöglichkeiten und die Bedienung der Computer zu überdenken. Inhalte sollten aus den Fenstern befreit werden. Fenster sind willkürliche Grenzen.

Über den Autor

Johannes Strodl

Johannes Strodl

Position

Ewig auf der Suche ist Johannes Strodl immer noch dabei herauszufinden, wer er ist. Im beruflichen Alltag bezeichnet er sich als Informatiker – schließlich sitzt er den lieben, langen Tag lang vor dem Computer und führt seit vielen Jahren begeistert IT-Projekte durch. In Wahrheit jedoch ist er vermutlich der kindlichen Warum-Phase nicht entwachsen und hat nie aufgehört neugierig zu sein. In der tiefen Überzeugung, dass alles in dieser Welt interessant ist und es unabdingbar ist, immerzu aufs Neue Fragen zu stellen, ist dieser Weblog wohl eine Mischung aus der Weitergabe jener Dinge, die sich auf dem Weg bereits entdecken ließen und einer Selbstfindung. Letztendlich sind die Rollen des Lernenden und des Lehrenden austauschbar und ununterscheidbar. Beruflich betreibt er eine eigene Website unter https://johannesstrodl.com.

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