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These 29: Funktionierende Geräte wegwerfen schmerzt

Es ist im Grunde meistens schon schlimm genug, wenn defekte Geräte nicht repariert werden können, bzw. wenn eine Reparatur einfach nicht wirtschaftlich ist. Aber der Gedanke, ein noch voll funktionstüchtiges Gerät ausmustern zu müssen, führt bei den vielen Menschen zu verständlichen, inneren Widerständen. Im Gegensatz zu anderen technischen Geräten, altern Computer enorm schnell und werden nach wenigen Jahren bereits zum alten Eisen gezählt. Die tatsächlichen Umstände für diesen Alterungsprozess sind dabei oftmals nicht nachvollziehbar und werden einfach mit dem großen Deckmantel der raschen technologischen Weiterentwicklung erklärt.

Mag die technologische Entwicklungsspirale tatsächlich die Antriebskraft und natürlich auch mit marktwirtschaftlichen Kalkülen vermengt sein, stellt sich die Situation für viele Menschen als äußerst unbefriedigend dar. Unübersehbar ist, dass die mikroelektronischen Entwicklungen ungebremst voranschreiten, in immer mehr Bereichen des Alltags Einzug finden und dort für Komfort und Effizienz sorgen wollen. Die Geschwindigkeiten der Übertragungstechnologien, insbesondere drahtlosen Funktechniken, die Leistungsfähigkeit von Mikroprozessoren, Strom- bzw. Datenspeicher und bilderzeugende bzw. -erfassenden Technologien im Kontext der immer kleiner werdenden Strukturen sind in den letzten Jahren weiter rasant fortgeschritten. Die Verbesserung der elektrotechnischen Grundlage führt zu einer veränderten Situation für die darauf betriebenen Software, deren Entwicklungsprozess jeden Leistungsgewinn nur zu gerne annimmt und soweit ausreizt, dass wiederum die elektrotechnischen Grundlagen gefordert werden, die Anforderungen zu erfüllen. Diese Rüstungsspirale bringt erstaunliches hervor und jede Generation von Geräten bringt neue reizvolle Aspekte mit. All dies sind wissenschaftliche und technische Meisterleistungen und dies wird vermutlich niemand in Frage stellen.

Auf der anderen Seite gibt es aber vielfach Anforderungen an Computer, die heute bereits zufriedenstellend abgedeckt sind. Das Bedürfnis nach mehr Funktionalität und Leistung ist nicht in jedem Anwendungsbereich gleichermaßen ausgeprägt. Es ist nicht einfach ersichtlich, warum Computer, die gleichbleibende Anforderungen ausreichend erfüllen bzw. erfüllt haben, durch äußere Einflüsse entweder diese Anforderungen mit der Zeit nicht mehr ausreichend erfüllen können oder aufgrund anderer Umstände ausgetauscht werden sollen. Diese äußeren Einflüsse und Umstände liegen sehr oft in der Weiterentwicklung von Softwarekomponenten, die eine stärkere Maschine mit der Zeit voraussetzen und dadurch auf der unveränderten Maschine immer langsamer werden. Der Einsatz dieser neuen Softwarekomponenten wird aber fast zwingend durchgesetzt, da Fehlerbehebungen und vor allem Sicherheitsaspekte daran geknüpft sind. Und irgendwann wird die eingesetzte Version der Softwarekomponente gänzlich eingestellt und nicht mehr aktualisiert. Spätestens dann heißt es auf den nächsten Zug aufzuspringen, der jedoch eine gänzlich andere technische Grundlage benötigt. Folglich führt dieser Umstand zur Anschaffung des nächsten Computers.

Es gibt vielerlei Gründe, warum dieser Aktualisierungszwang viele schmerzt. Manchmal sind es Umweltschutzgründe, die mit Blick auf den zunehmenden Berg an Elektroschrott den Kopf schütteln lassen. Viele dieser weggeworfenen Geräte sind noch voll funktionstüchtig, haben bis vor kurzem die Bedürfnisse gestillt und dürfen dies nun nicht mehr tun. Manchmal ist es sehr nüchtern betrachtet ein ziemliches finanzielle Ärgernis und erzeugt unter diesen Gesichtspunkt verständlichen Widerwillen. Auch der Blick auf den Arbeitsaufwand für Kauf und Inbetriebnahme der neuen Geräte erhöht diesen Aspekt gleich noch einmal deutlich. Abseits von Umwelt- und Finanzgedanken, ist die Entsorgung eines funktionierenden Gerätes schlicht und einfach eine Verschwendung und völlig losgelöst ob dieses vielleicht gut recycelt werden kann und möglicherweise ein neues finanziell problemlos erschwinglich ist, ist es ein ausgesprochen gesunder Zugang, wenn Verschwendung eine Hemmnis auslöst.

Der Nebenschauplatz dieser ganzen Misere ist, dass dadurch unzählige alte Geräte weiter eingesetzt werden, deren Lebenszeit vom Standpunkt der Softwareaktualität schon längst überschritten ist. Diese Maschinen sind aus Sicht der Sicherheit tickende Zeitbomben und meist nahezu schutzlos der kriminellen Seite der modernen Computerwelt ausgeliefert. Den Schaden, den diese Geräte somit direkt und indirekt anrichten, bleibt zudem nicht auf diese Geräte selbst begrenzt, sondern hat weitreichende Auswirkungen auf viele andere Geräte, die unter diesen nicht mehr aktualisierbaren Computern zu leiden haben. Der Schaden, der daraus jährlich für das Kollektiv entsteht, ist enorm. Aus heutiger Sicht wären veraltete Computer klugerweise zumindest aus den Netzwerken zu entfernen, um den Schaden insbesondere für andere zu begrenzen.

So hart es klingen mag, aber Computer sind Geräte die einer Wartung bedürfen. Computer, die nicht aktuell gehalten werden, sollten nach einer angemessenen Frist zum Schutze aller in einem Netzwerk zumindest vom Netzwerk getrennt werden. Eine solche Wartung, d.h. die Fehlerkorrektur und Gewährleistung der Sicherheit, muss nicht wie heute üblich frei angeboten werden. Auch heute sind Aktualisierungen keineswegs kostenlos, sondern im anfänglichen Kaufpreis für die kalkulierte Zeitspanne natürlich bereits enthalten. Die Hersteller auf der anderen Seite müssten allerdings verpflichtet werden, über eine deutlich längere Zeit alte Computer und Softwareversionen zu unterstützen und mit diesen Aktualisierungen zu versorgen. Die Verpflichtung zur Aktualisierung muss mit einer sinnvollen, realen Lebensdauer der Geräte übereinstimmen. Die Kosten dafür würden sich durch die seltenere Anschaffung von Geräten, deren Inbetriebnahme und nicht zuletzt aus Umweltschutzgedanken amortisieren. So könnten Computer, die eine längere Zeit eingesetzt werden, wenn diese die Bedürfnisse bereits erfüllen.

Über den Autor

Johannes Strodl

Johannes Strodl

Position

Ewig auf der Suche ist Johannes Strodl immer noch dabei herauszufinden, wer er ist. Im beruflichen Alltag bezeichnet er sich als Informatiker – schließlich sitzt er den lieben, langen Tag lang vor dem Computer und führt seit vielen Jahren begeistert IT-Projekte durch. In Wahrheit jedoch ist er vermutlich der kindlichen Warum-Phase nicht entwachsen und hat nie aufgehört neugierig zu sein. In der tiefen Überzeugung, dass alles in dieser Welt interessant ist und es unabdingbar ist, immerzu aufs Neue Fragen zu stellen, ist dieser Weblog wohl eine Mischung aus der Weitergabe jener Dinge, die sich auf dem Weg bereits entdecken ließen und einer Selbstfindung. Letztendlich sind die Rollen des Lernenden und des Lehrenden austauschbar und ununterscheidbar. Beruflich betreibt er eine eigene Website unter https://johannesstrodl.com.

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