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These 12: Updates sind suspekt

Softwareentwicklung ist grundsätzlich anders. Ganz egal was dieses andere ist. Alle Entwicklerinnen und Entwickler werden bestätigen, dass eine fehlerfreie Software ein rein utopisches Konstrukt ist. Zu groß und komplex sind die heutigen Systeme. Es ist die Frage natürlich zulässig, ob Software unbedingt so groß und komplex sein muss, aber das soll hier nicht das Thema sein und unabhängig davon, ist das Überprüfen der Korrektheit von Software bereits theoretisch unmöglich, aber das führt zu weit.

Viel schwerer wiegt, dass die Minimierung der Fehlerquote in einer Software – um es sehr vorsichtig auszudrücken – nicht immer das Primärziel bei der Entwicklung ist. Die Messlatte der Marktreife einer Software ist durchaus variable in Relation zur Qualität. Marktreife und Softwarereife sind zwei unterschiedliche Perspektiven. Es gibt den ausgesprochen widerwärtigen, aber leider oftmals zutreffenden Ausdruck der „Bananensoftware“: sie reift beim Kunden. Nachbesserungen werden im Laufe der Zeit durch Aktualisierungen nachgereicht.

Es wäre ausgesprochen unfair und entspricht auch nicht den Tatsachen, Aktualisierungen von Software ausschließlich wirtschaftlichen Kalkülen zuzuordnen. Qualitätskontrollen haben immer Grenzen, Menschen machen Fehler, sie irren sich, sie lernen dazu, neue Kenntnisstände fließen in eine Software ein, der technische Stand der Welt dreht sich weiter und eine Software muss an neue Gegebenheiten angepasst werden. Das ist menschlich und der Lauf der Dinge. Nichts ist perfekt.

Was ist an Software nun so besonders? Ein einziger kleiner Fehler, kann potentiell gravierende Auswirkungen auf die ganze Software haben. In Büchern schleicht sich auch manchmal der eine oder andere Fehler ein, aber ein Buch wird dadurch keinesfalls im Ganzen unlesbar oder legt plötzlich irgendein seltsames Verhalten an den Tag. Eine hochkomplexe Maschine wie ein Flugzeug wird nicht abstürzen, weil ein Kopfhöreranschluss bei einem Sitzplatz nicht funktioniert und ein Hochhaus wird nicht unbewohnbar, weil ein Türschloss defekt ist. Bei Software können solche Kleinigkeiten und Nebensächlichkeiten zu Instabilität, Unsicherheit und groben Fehlerverhalten führen. Darum ist Softwareentwicklung so grundsätzlich anders. Software ist ein großer, zusammenhängender Automat. Sie ist so stark, wie ihr schwächstes Glied und ist gleichzeitig ein enorm komplexer Mechanismus.

Nachbesserungen und Aktualisierungen sind daher an der Tagesordnung. Das alleine ist aber schon suspekt an sich, oftmals unverständlich und vor allem störend. Auch wenn, wie hier kurz beschrieben, dieses ständige Nachbessern ein mehr oder weniger notweniges Übel ist, sind dabei drei Dinge essentiell.

Eine Nachbesserung darf nicht stören und sollte möglichst still und leise im Hintergrund passieren. Niemand hat etwas dagegen, wenn Fehler ausgebessert werden. Ganz im Gegenteil. Heute stören und unterbrechen die Aktualisierungen aber manchmal mehr als die eigentlichen Fehler in der Software. Das ist inakzeptabel. Aktualisierungen dürfen den Menschen so wenig zur Last fallen, wie möglich.

Fehlerkorrekturen müssen ganz klar von Funktionserweiterungen unterschieden werden. Fehlerkorrekturen sind grundsätzlich immer willkommen, aber jeder Eingriff in eine Software, der zu einer Veränderung in ihrer Bedienung führt, stößt nicht nur auf Gegenliebe. Wenn Aktualisierungen die vertraute Umgebung umbauen, werden Updates zum Feindbild.

Eine Aktualisierung muss reibungslos funktionieren und darf zu keinen zusätzlichen Problemen führen. Das in komplexen Softwaresystemen Fehler enthalten sind und diese korrigiert werden müssen, dafür gibt es zumeist noch Verständnis. Das dann aber der Reparaturvorgang selbst fehlerhaft ist, oder alles nur noch schlimmer werden lässt, dafür gibt es kein Verständnis mehr. Aktualisierungsprozesse müssen die höchstmögliche Qualität haben.

Solange Updates so häufig notwendig sind, unverständlich sind, stören und so oft nicht funktionieren, sind sie suspekt.

Über den Autor

Johannes Strodl

Johannes Strodl

Position

Ewig auf der Suche ist Johannes Strodl immer noch dabei herauszufinden, wer er ist. Im beruflichen Alltag bezeichnet er sich als Informatiker – schließlich sitzt er den lieben, langen Tag lang vor dem Computer und führt seit vielen Jahren begeistert IT-Projekte durch. In Wahrheit jedoch ist er vermutlich der kindlichen Warum-Phase nicht entwachsen und hat nie aufgehört neugierig zu sein. In der tiefen Überzeugung, dass alles in dieser Welt interessant ist und es unabdingbar ist, immerzu aufs Neue Fragen zu stellen, ist dieser Weblog wohl eine Mischung aus der Weitergabe jener Dinge, die sich auf dem Weg bereits entdecken ließen und einer Selbstfindung. Letztendlich sind die Rollen des Lernenden und des Lehrenden austauschbar und ununterscheidbar. Beruflich betreibt er eine eigene Website unter https://johannesstrodl.com.

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