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These 19: Problembeschreibungen sind selbst Probleme

Technische Systeme sind grundsätzlich nicht fehler- bzw. wartungsfrei. Diese vom Menschen gemachten Geräte sind, insbesondere wenn Hardware und Software als Einheit zusammengerechnet wird, die komplexesten Mechanismen, die von Menschenhand jemals entwickelt wurden. Dass so ein Mechanismus manchmal außer Tritt kommt und gewartet werden muss, ist zu tolerieren. Die schnelle, kurze Folge von Entwicklungsschritten, die hierbei an den Tag gelegt werden, begünstigen in manchen Bereichen einen raschen Reifungsprozess, der aber leider oftmals aufgrund Erweiterungen wieder abgeschwächt wird.

Fehler und die damit einhergehenden Probleme sind also bis zu einem gewissen Grad zu akzeptieren und werden auch von den Menschen mitgetragen, solange der Vorteil des Technikeinsatzes, den Grad der damit verbundenen Schwierigkeiten überwiegt. Nicht mitgetragen und kein Verständnis gibt es allerdings für völlig unverständliche Problembeschreibungen, die zu dem ursprünglichen technischen Problem, sogleich ein zusätzliches Verständnisproblem hinzufügen. Wird das auslösende technische Problem größtenteils noch in der unzureichenden, fehlerbehafteten Maschine gesehen, wird das Verständnisproblem dann in den Bereich des eigenen Unvermögens eingereiht und damit die vermeintliche, eigene Inkompetenz beim Bedienen der Maschine gedanklich unterstrichen. Das technische Problem wandelt sich psychologisch zur persönlichen Schwäche. Das Frustrationserlebnis reiht sich damit in einen völlig anderen Bereich ein und das negative Erleben wird schwerwiegender, als es eigentlich sein müsste.

Es gibt eigentlich nur zwei grundlegende Ansatzmöglichkeiten, wie Menschen vor solchen doppelten Problemerlebnissen zu bewahren sind.

Der erste Zugang wäre die Probleme überhaupt nicht zu beschreiben, sondern nur auf diese Aufmerksam zu machen. Die Fahrzeugindustrie geht seit vielen Jahren diesen Weg. Eine einzige rote, markante Kontrollleuchte, die Motorkontrollleuchte am Armaturenbrett, weist auf ein technisches Problem im Bereich des Antriebs des Fahrzeuges hin. Das Signal ist die Bitte, eine Werkstätte aufzusuchen. Klar und verständlich. Ein eigenes Diagnosesystem kann dann zusätzlich technische Details zum Problem ans Tageslicht befördern. Bei technischen Verständnis, ist dieses Diagnosesystem Interessierten zugänglich, es muss aber explizit der Zugang dazu gesucht werden. Der Mensch am Lenkrad, wird nicht mit möglicherweise unverständlichen, technischen Tatsachen konfrontiert, die eine Ungewissheit über die notwendigen Maßnahmen hinterlassen.

Der zweite Zugang wäre klare Aussagen über das Problem, angepasst an den Kenntnisstand des Menschen, der die Maschine benutzt. Eine generelle Fehlermeldung für alle, ist unzureichend und entspricht fast gar keinen Bedürfnissen. Technische Laien haben eher das Bedürfnis nach einfachen klaren Beschreibungen, bzw. Handlungsanweisungen. Fachleute benötigen detaillierte Informationen, um den Sachverhalt umfassend analysieren und abschätzen zu können. Es muss bei Fehlermeldungen klar unterschieden werden, wer die Maschine im Augenblick bedient. Die Generierung von Fehlermeldungen ist ein besonders ungeliebtes Teilgebiet in der Programmentwicklung und wird größtenteils als notwendiges Übel angesehen und dementsprechend nachrangig behandelt. Viel mehr Augenmerk muss in diesen Bereich gelegt und bessere Mechanismen müssen zu Problemdarstellung entwickelt werden.

Fehlermeldungen sind heute größtenteils unverständlich und lassen damit Menschen mit dem eigentlichen Problem, zusammen mit einer nicht interpretierbaren Information alleine. Dies fügt einem Problem nur ein neues Problem hinzu. Klare Handlungsanweisungen müssen an die Stelle der pragmatischen Fehlermeldungen treten. Der Detaillierungsgrad einer Darstellung muss an die vorhandenen, technischen Kenntnisse angepasst werden.

Über den Autor

Johannes Strodl

Johannes Strodl

Position

Ewig auf der Suche ist Johannes Strodl immer noch dabei herauszufinden, wer er ist. Im beruflichen Alltag bezeichnet er sich als Informatiker – schließlich sitzt er den lieben, langen Tag lang vor dem Computer und führt seit vielen Jahren begeistert IT-Projekte durch. In Wahrheit jedoch ist er vermutlich der kindlichen Warum-Phase nicht entwachsen und hat nie aufgehört neugierig zu sein. In der tiefen Überzeugung, dass alles in dieser Welt interessant ist und es unabdingbar ist, immerzu aufs Neue Fragen zu stellen, ist dieser Weblog wohl eine Mischung aus der Weitergabe jener Dinge, die sich auf dem Weg bereits entdecken ließen und einer Selbstfindung. Letztendlich sind die Rollen des Lernenden und des Lehrenden austauschbar und ununterscheidbar. Beruflich betreibt er eine eigene Website unter https://johannesstrodl.com.

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