Diese These soll weniger eine Anspielung auf Preis, Umweltbedenken durch Elektroschrott oder nachträgliche Kaufreue sein, die alle aber für sich betrachtet durchaus ebenso eine Belastung sein können. Völlig losgelöst von diesen Aspekten ist die Vorstellung, einen neuen Computer anschaffen und diesen in Betrieb nehmen zu müssen, oftmals mit so starken negativen Gefühlen verbunden, dass die Freude an ein neues, schnelleres, besseres Gerät fast verschwindet. Ein neuer Computer ist ein Übel, keine schöne Anschaffung.
Es fängt beim Kaufprozess an. Die Produktbeschreibungen sind mit so vielen technischen Details gespickt, dass das Technikerherz war schneller schlagen wird, die Herzen aller anderen aber eher stehen bleiben. Wer den Unterschied zwischen den verschiedenen USB-Steckern nicht kennt (dabei steht das „U“ ironischerweise für „Universal“) und USB-A nicht von USB-C unterscheiden kann, geht das Risiko ein, nicht einmal die vertraute Maus oder den vorhandenen Drucker anschließen zu können. Ist USB-C das gleiche wie USB 3.0, bzw. warum schaut dieser Stecker namens Thunderbolt genau so aus, wie USB-C? Sind diese etwa gleich? Wohlgemerkt wird hier gerade nur Anschlussmöglichkeiten von Peripheriegeräten gesprochen, also eher einer Nebensächlichkeit.
Der neue Computer hat ein drahtloses Netzwerk im superschnellen IEEE 802.11ac Standard dabei. Am Modem ist nach langem Suchen klein die Aufschrift 802.11n am Etikett zu finden. Ob diese beiden Geräte sich miteinander verbinden werden, bleibt der Hoffnung überlassen. Zwei verschiedene Normen lassen aber nichts Gutes erwarten.
An die kryptischen Bezeichnungen von Prozessoren, Speicher, Festplatten und Grafikkarten wird am besten gar nicht gedacht. Zurück gelassen werden Menschen, die sich die Frage stellen, was denn für ihre Bedürfnisse am geeignetsten ist. Es wird die These in den Raum gestellt, dass im Regelfall selbst Menschen, die sich ernst- und gewissenhaft mit den technischen Begriffen auseinandersetzen versuchen, scheitern werden. Die Technik der heutigen Computer ist zu komplex und vielseitig, sodass sich die blanken Zahlen, Bezeichnungen und Normen einer Beurteilung im Allgemeinen entziehen. Computer müssen in Bedürfnisse eingeteilt werden, die mit ihnen abgedeckt werden können und nicht in technische Detailinformationen.
Hat ein neuer Computer dann doch irgendwie den Weg zum eigenen Arbeitsplatz gefunden, entsteht die nächste unangenehme Situation. Wie kommen nun alle Dateien, Programme und Einstellungen vom alten Gerät auf das neue? Auch wenn die dazu verwendbaren Transferprogramme bekannt sind, ist oftmals die leidvolle Erfahrung vorhanden, dass niemals alles glatt geht. Ob alles so funktioniert wie zuvor und die eigene Produktivität mit dem neuen Gerät nicht zu lange gebremst werden wird, bleibt ebenfalls der Hoffnung unterworfen.
Zu guter Letzt kommt dann meistens bei einem neuen Computer auch gleich ein neues Betriebssystem mit. Das erlernte Wissen über die Benutzung wird so oftmals nur teilweise bei einem neuen Computer verwendbar sein. Mit einem neuen Gerät ist also wieder Weiterlernen auf der Tagesordnung. Lernen ist natürlich nichts Schlechtes per se – ganz im Gegenteil –, aber es erfordert Zeit und Energie, die im stressigen Alltag auch anderweitig gut einsetzbar sind. Und es ist auch mehr als nur zu akzeptieren, dass Menschen im Regelfall völlig andere Interessen haben, als sich mit den neuen Eigenheiten von neuen Betriebssystem von Computern auseinanderzusetzen. So ist ein neuer Computer oftmals keine Freude. Manchmal wird er zur Horrorvision.
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