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These 8: Computer verursachen Ängste

Dies ist vielleicht eine der bedenklichsten Thesen, aber es sollte einmal deutlich ausgesprochen werden. Computer erzeugen nicht nur eine reichliche Vielzahl unterschiedlicher, wohlbekannter Emotionen, wie Freude, Ärger oder Aggressionen, sondern leider in vielen Fällen auch Ängste vor diesen Geräten. Gemeint sind damit nicht ausschließlich medizinisch relevanten Angststörungen – die sich vermutlich auf alles beziehen können und ganz in einer anderen Tragweite einzuordnen sind – sondern ein allgegenwärtiges Phänomen.

Stark verbreitet ist ein sehr tief sitzender Respekt vor Computern. Die Mischung des selbstattestierten Unvermögens diese bedienen und kontrollieren zu können, mit den ständigen Erneuerungen nicht Schritt halten zu können, hilflos und überfordert der Vielzahl an Funktionalität ausgeliefert zu sein und beim kleinsten Fehlverhalten vermeintlich alles irreparabel zu zerstören, steht vielen ins Gesicht geschrieben. Es wird daher ein großer Bogen um Computer gemacht, oder die Benutzung auf das etwas vielleicht schon bekannte, unausweichliche Minimum beschränkt. Alles was abseits der bekannten Bedienungswege ist, wird tunlichst vermieden. Etwas Neues ausprobieren, neugierig sein und weitere Wege zu entdecken, kommt keinesfalls in Frage. Zusätzlich zeichnen die Medien ein düsteres, aber dann willkommenes Bild, in dem jedes kleinste Cookie zur Vollüberwachung führt, jede Webcam tief ins Schlafzimmer blickt, Akkus regelmäßig explodieren und die nächste Virenwelle den Kühlschrank infizieren wird. Die innere Gefahr, die von diesen Geräten ausgeht, wird dann von äußeren Meldungen nur allzu gerne bestätigt.

Ein Computer ist heute ein Alltagsgerät geworden. Natürlich ist es der Freiheit des Einzelnen zu überlassen, welchen Platz ein solches Gerät im eigenen Leben einnehmen soll. Aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Und berufliche oder private Einengungen der eigenen Möglichkeiten aufgrund von Ängsten, sollten ernst genommen, bzw. sollte mit Anpassungen eines solchen Alltagsgerätes dementsprechend entgegengewirkt werden.

Durch diese Angst kann eine neue Form von Analphabetismus verstärkt werden – das Unvermögen einen Computer bedienen zu können. Eine neue Art von Scham ist manchmal spürbar, wenn dies ans Tageslicht kommt. Manchmal ist auch das explizite zur Schau stellen des eigenen Unvermögens eine Flucht nach vorne. „Ich habe keine Ahnung, wie ein Computer eingeschaltet wird und habe trotzdem bis jetzt überlebt“, „Früher sind wir auch ohne Computer ausgekommen“ und ähnliche Aussagen sind zwar sachlich korrekt, sind aber ein Verschließen der Augen vor der Realität.

Die Computersysteme müssen stärker an die verschiedenen Kenntnisstände und Bedürfnisse der Menschen angepasst werden. Das heutige Konzept, das ein System für alle passen muss, wird vielen Menschen einfach nicht gerecht. Die Bedienung ist heute sehr technisch geprägt, aber technisches Denken bzw. Verständnis ist nur eines unter vielen. Menschen, die nicht in dieses Denkschema passen, dürfen nicht ausgeschlossen werden. Als Alltagstechnologie müssen Computer durch unterschiedliche Bedienungskonzepte alle Bedürfnisse abdecken.

Die gefühlten Barrieren und Ängste zu diesen Geräten müssen abgebaut werden. Computer müssen den Menschen gerecht werden und auf diese zugehen, nicht umgekehrt.

Über den Autor

Johannes Strodl

Johannes Strodl

Position

Ewig auf der Suche ist Johannes Strodl immer noch dabei herauszufinden, wer er ist. Im beruflichen Alltag bezeichnet er sich als Informatiker – schließlich sitzt er den lieben, langen Tag lang vor dem Computer und führt seit vielen Jahren begeistert IT-Projekte durch. In Wahrheit jedoch ist er vermutlich der kindlichen Warum-Phase nicht entwachsen und hat nie aufgehört neugierig zu sein. In der tiefen Überzeugung, dass alles in dieser Welt interessant ist und es unabdingbar ist, immerzu aufs Neue Fragen zu stellen, ist dieser Weblog wohl eine Mischung aus der Weitergabe jener Dinge, die sich auf dem Weg bereits entdecken ließen und einer Selbstfindung. Letztendlich sind die Rollen des Lernenden und des Lehrenden austauschbar und ununterscheidbar. Beruflich betreibt er eine eigene Website unter https://johannesstrodl.com.

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